Das europäische Hospital am Beginn der Neuzeit

Das europäische Hospital am Beginn der Neuzeit

Organisatoren
Arbeitskreis „Das europäische Hospital am Beginn der Neuzeit“: PD Dr. Christina Vanja, Dr. Arnd Friedrich und Dr. Fritz Heinrich in Zusammenarbeit mit dem Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde, Zweigverein Frankenberg
Ort
Haina, Frankenberg
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.09.2003 - 28.09.2003
Url der Konferenzwebsite
Von
Christina Vanja, Kassel

Den Anlass der Tagung bildete der 500. Geburtstag des hessischen Landgrafen Philipp der Großmütige (1504-1567) im Jahr 2004. Für ganz Hessen sind aus diesem Anlass Ausstellungen, Vorträge und Tagungen geplant. Das Kolloquium zur Hospitalgeschichte eröffnete diesen Reigen der Jubiläumsveranstaltungen. Der Tagungsband wird im kommenden Sommer erscheinen.

Landgraf Philipp, der in Hessen schon im Jahre 1526 den lutherischen Glauben einführte und bald zum politischen Kopf der reformatorischen Bewegung werden sollte, war zweifellos der bedeutendste und europäischste der hessischen Fürsten. Unter anderem stiftete er die erste protestantische Universität in Marburg an der Lahn (1527), und er wies mit der Gründung von vier landgräflichen "Hohen Hospitälern" (1533-1542) einen ganz neuen, nämlich territorial ausgerichteten sozialpolitischen Weg der Armen- und Krankenfürsorge. Von den ursprünglich vier Hospitälern, die bei Kassel, Marburg, Darmstadt und St. Goar am Rhein gegründet wurden, haben drei Einrichtungen die Umbrüche der folgenden Jahrhunderte überdauert und gehören heute als Zentren für Soziale Psychiatrie zum Landeswohlfahrtsverband Hessen. Haina, ein ehemaliges Zisterzienserkloster, war von 1533 bis zum Ende des Alten Reiches Sitz der zentralen landgräflichen Hospitalverwaltung. Die Tagung fand hier an zwei Tagen in den gut erhaltenen Räumlichkeiten des Klosters bzw. Hospitals statt. In Frankenberg diente am letzten Tag des Kolloquiums die Kapelle des ebenfalls im Zuge der hessischen Reformation aufgehobenen Zisterzienserinnenklosters St. Georgenberg, das seinerseits über ein Infirmarium verfügt hatte, als Tagungsraum.

Im Zentrum des Kolloquiums stand der europäische Bezugsrahmen des frühneuzeitlichen Hospitals in Hessen. Deshalb waren Referenten und Referentinnen aus mehreren europäischen Ländern (Österreich, der Schweiz, Frankreich, den Niederlanden sowie Großbritannien) eingeladen, die jeweils eigene Forschungstraditionen in die Tagung einbrachten. Um den zahlreichen Facetten der Hospitalstiftung gerecht zu werden, entschied sich der Vorbereitungskreis zugleich für das fachübergreifende Gespräch. Vertreter und Vertreterinnen unterschiedlicher Fakultäten widmeten sich sozial-, rechts- und wirtschaftsgeschichtlichen Fragen, ebenso kamen theologie-, literatur- und kunstgeschichtliche Studien zum Tragen. Nachdem einerseits die Geschichte mittelalterlicher Hospitäler bereits durch die ältere Karitasgeschichte schon relativ früh erforscht worden ist und andererseits besonders in den letzten Jahren die jüngere Sozialgeschichte der Medizin die Geschichte des Krankenhauses seit dem 18. Jahrhundert eingehender behandelt hat, wurde in Haina und Frankenberg das Augenmerk erstmals in einem weiten internationalen und interdisziplinären Spektrum auf das 16. und 17. Jahrhundert gelenkt. Die vorgestellten Hospitäler stehen zwischen christlichem Mittelalter und medizinisch orientierter Neuzeit. Wie ein roter Faden durchzog die Tagung daher die Frage, wie sich das Hospital am Beginn der Neuzeit zwischen Tradition und Neubeginn einordnen lässt. Die Fachvorträge ebenso wie die folgenden lebhaften Diskussionen gaben zur Beantwortung dieser Frage vielfältige und im Ergebnis durchaus inkongruent bleibende Hinweise. Sie dürften sich für die weitere Hospitalgeschichtsschreibung als fruchtbar erweisen.

Sektion "Hospitäler in Europa"

Die erste Sektion war durch den Vergleich unterschiedlicher Hospitaltypen bestimmt. In ihrem Einführungsvortrag verortete Christina Vanja (Kassel) die Stiftung der landgräflichen Hohen Hospitäler in Hessen zwischen Mittelalter und Neuzeit. Landgraf Philipp der Großmütige wollte sein Handeln in die Tradition des karitativen Wirkens seiner Urahnin Landgräfin Elisabeth von Thüringen gestellt sehen, wobei die mittelalterliche Heilige im protestantischen Fürstentum als mildtätige Landesmutter erscheinen sollte. Tatsächlich bildete jedoch nicht die undifferenzierte Armen- und Krankenfürsorge des hohen Mittelalters, sondern die Rationalität und Exklusivität des spätmittelalterlichen Bürgerspitals das Vorbild der nur für würdige arme Untertanen protestantischen Glaubens bestimmten Reformationspitäler. Mit den älteren städtischen Spitälern verband die landgräflichen Gründungen auch der relativ geringe Medikalisierungsgrad. In die Zukunft wiesen in Hessen dagegen die Bestimmung der Hohen Hospitäler für die Landbevölkerung, ihr territorialer Bezug sowie die Größe (bis zu 400 Betten), welche die hessischen Häuser eher den norditalienischen Spitalbauten als den viel kleineren Einrichtungen in deutschen Städten vergleichbar machten. Neu war zu Beginn des 16. Jahrhunderts auch die gezielte Versorgung Geisteskranker, zu der möglicherweise die unmittelbare Betroffenheit des Landgrafenhauses den Anlass gab. Im Unterschied zu anderen europäischen Ländern entstand in Hessen jedoch kein separiertes "Tollhaus", vielmehr wurden somatisch und psychisch Kranke wie schon in den Bürgerspitälern zusammen gepflegt. Die hessische Hospitalstiftung wurde, sieht man von dem viel kleineren Hospital Leiborn in der benachbarten Grafschaft Waldeck ab, bemerkenswerterweise nicht in anderen protestantischen Territorien, sondern im katholischen Fürstbistum Würzburg nachgeahmt. Das dortige Juliusspital (1576 von Fürstbischof Julius Echter gestiftet) besaß allerdings von Beginn an einen festangestellten studierten Arzt. Noch im späten 16. Jahrhundert kam es dagegen in Frankfurt am Main zur Eröffnung eines Tollhauses, das bis 1780 bestehen sollte. Die Entwicklung dieser reichsstädtischen, mitten im Wohngebiet gelegenen Einrichtung, die Helmut Siefert (Frankfurt am Main) vorstellte, hatte ihren Ursprung ebenfalls in der Reformationszeit, denn ihre Finanzierung beruhte auf der Gründung des Allgemeinen Almosenkastens im Jahre 1531. Erst im 18. Jahrhundert erforderte die bis dahin relativ kleine Institution für arme Geisteskranke eines Ausbaus (Flügelbau 1776) und schließlich eines sehr viel geräumigeren Neubaus als barockes "Kastenhospital" (1785). Diesem wurde 1819 eine Anstalt für Epileptische zugefügt. Die "Anstalt für Irre und Epileptische" entwickelte sich aber erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts unter Dr. Heinrich Hoffmann (Autor des "Struwwelpeter") zu einer zeitgemäßen psychiatrischen Institution.

Ganz andere Zusammenhänge städtischer Sozialanstalten zeigte anschließend Wolfgang F. Reddig für die Bischofsstadt Bamberg auf. Hier waren die auch während der Frühen Neuzeit wichtigsten Spitäler (das St. Katharinenspital, eröffnet 1203, und das St. Elisabethspital von 1328) von ratsfähigen Familien in Kooperation mit dem bischöflichen Stadtherrn bzw. dem Stadtrat ins Leben gerufen worden. Bevor die beiden Einrichtungen 1738 in den "Vereinten Spitälern" zusammengeführt wurden, stellten sie neben Bischof und Stadt die größten Grundherren dar, und reiche Fundationen und Zustiftungen sicherten ihren Fortbestand. Die Zusammenlegung dieser beiden großen Spitäler ebenso wie kleinerer sozial-karitativer Einrichtungen der Stadt stand offensichtlich im Zeichen einer stärkeren obrigkeitlichen Kontrolle bei der Pfründenvergabe. Die erhalten gebliebenen ca. 400 Aufnahmegesuche machen deutlich, dass die größten Gruppen der Bittsteller Witwen mit Restfamilie und weibliche Dienstboten bildeten. Katholische Konfession, Heimat- und Subsidiaritätsprinzip waren in Bamberg wie anderenorts für zu Zulassung ausschlaggebend. Erst im Rahmen der Neuorganisation des Bamberger Spitalwesens von 1738 wurde auch die umfassende Betreuung durch einen Spitalarzt geregelt. Blieb der Medikalisierungsgrad der Bamberger Bürgerspitäler so eher hinter der Zeit zurück, so waren doch die Aufnahmekapazitäten in beiden Einrichtungen vergleichsweise schon sehr groß.

Auf ganz eigene Traditionen der Hospitalgeschichte in der Schweiz verwies Dorothee Rippmann (Zürich). Viele der städtischen Spitäler wurden hier im 13. und 14. Jahrhundert aufgrund bürgerlicher Initiativen, bisweilen unter aktiver Beteiligung von Grafenfamilien als den Inhabern der Ortsherrschaft, gegründet. Eine besondere Region bildete der Alpenraum. In der Südschweiz, d. h. in den Bistümern Como und Mailand, sind nämlich früh kongregationsähnliche Laiengemeinschaften im Dienst an Pilgern, Kranken und Bedürftigen nachweisbar. Sie genossen die wirtschaftliche Unterstützung der lokalen bäuerlichen Führungsschichten und unterstanden nicht, wie lange angenommen wurden, dem Humiliatenorden. Für das Späte Mittelalter (Beispiel die Berner Spitäler des Deutschen Ordens und der Antoniter) zeigt sich, wie andernorts, der zunehmende Einfluss des städtischen Rats auf die Geschicke der institutionellen Krankenpflege. Dabei wurden Beginengemeinschaften aktiv in die Karitas einbezogen, um ihrem Abgleiten in die Häresie vorzubeugen. Für die Reformationszeit zeigt sich auch in der Schweiz die neue, dem Spital von der Obrigkeit zugewiesene Rolle als soziale Kontrollinstanz. Zwar verschrieben sich die Spitäler den Werken der Barmherzigkeit, die Kehrseite der Institution zeigte sich aber bei der Abweisung von Bettlern und Bettlerinnen aus der Stadt, die in regelrechte Betteljagden mündeten.

Abendvortrag "Stationäre Krankenversorgung im frühneuzeitlichen Köln"

In seinem öffentlichen Abendvortrag stellte Robert Jütte (Stuttgart) beispielhaft die stationäre Krankenversorgung im frühneuzeitlichen Köln vor. Im Vergleich zur Gegenwart war auch in der "Großstadt" Köln die Einweisung in eines der traditionsreichen Spitäler eher eine Seltenheit und zudem stark schichtenspezifisch ausgerichtet. Es handelte sich überwiegend um Bedürftige und Unbemittelte, die vorübergehend oder auf Dauer in die Hospitäler zu St. Katharinen und St. Ursula aufgenommen wurden. Im 16. Jahrhundert hielten sich in diesen Einrichtungen jeweils nicht mehr als 40 Personen auf. Im Zentrum des frühneuzeitlichen Spitalalltags stand die Pflege kranker, gebrechlicher Menschen, während für Heilbehandlungen zum Beispiel der städtische Wundarzt erst gerufen wurde. Die relativ hohe Zahl der im Spital durchgeführten Amputationen sowie ständig steigende Arzneikosten deuten allerdings darauf hin, dass die Kölner Spitäler ihren Auftrag, nämlich die weitgehend kostenlose medizinische Behandlung und Pflege von armen und bedürftigen Kranken, sehr ernst nahmen. Einen hohen Stellenwert besaß daneben die "geistliche Artzney", für die Spitalgeistliche und Ordensbrüder sorgten. Im Spitalhaushalt standen - reziprok zu heutigen Krankenhausetats - mit 60 Prozent der Gesamtausgaben die Ausgaben für Nahrungsmittel an erster Stelle, während die Personalkosten nicht einmal 10 Prozent des Gesamtvolumens erreichten. Neben dem bekannten Kölner Melatenhaus für "Aussätzige" bestanden außerhalb der Stadtmauern noch drei weitere Leprosenhäuser für Kranke mit auffälligen Hautkrankheiten und "missgestellte leute". Auch das von einem Pestmeister verwaltete Kölner Pesthaus stand außerhalb der Stadt. Pestapotheker und Pestchirurg hatten allerdings externe Wohnungen. Um in eines der Kölner Spitäler aufgenommen zu werden, mussten zahlreiche Klippen überwunden werden. Letztlich trafen Beauftragte des Rates als Provisoren der Spitäler die letzte Entscheidung. Angesichts der für die Gesundheit schädlichen klimatischen Einflüsse der Jahreszeit kam es besonders in den Wintermonaten Dezember und Januar zu besonders vielen Aufnahmen. Für den Aufenthalt in den Spitälern selbst besaß die Ernährung einen zentralen Stellenwert. Obwohl es immer wieder zu Klagen über das Essen kam, kann die Kost jedoch - was den Kalorienbedarf anbetrifft - auch aus moderner ernährungswissenschaftlicher Sicht als ausreichend angesehen werden. Vergleichbar anderen während des Kolloquiums vorgestellten Fürsorgeeinrichtungen gilt auch für Köln, dass der Wandel vom Spital alten Typs zum modernen Krankenhaus erst recht spät, nämlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eintrat, sodass sich die landläufige Annahme einer "Geburt der Klinik" (Michel Foucault) im 18. Jahrhundert deutlich relativiert.

Sektion "Administration"

In der Sektion "Administration" stellte zunächst Gerhard Aumüller (Marburg) Sozialprofil, Selbstverständnis, repräsentative und administrative Funktion der Obervorsteher der hessischen Hohen Hospitäler vor. Trotz ihrer regionalen Zuordnung zu den verschiedenen Landesteilen bzw. beiden späteren Linien des Fürstenhauses (Kassel und Darmstadt) wurden die vier Reformationsspitäler zentral geleitet. Nachdem Handlungsanleitungen bereits in der ersten Hospitalordnung von 1533 enthalten waren, erließen die Landgrafen 1577 eine eigene Instruktion für ihre Obervorsteher. Aus deren Forderungen an die obersten Hospitalbeamten, die sich durch "treuen Fleiß" und "äußerste Anstrengung des Verstandes" auszeichnen sollten, wird deutlich, dass den Obervorstehern in der Umsetzung des Hospitalskonzepts der hessischen Landgrafen, nämlich der Gewährleistung ihres "gemeinen Nutzens", eine ganz wesentliche Rolle zukam. Ihre Aufgaben bestanden vor allem in der materiellen und ideellen Besitzstandswahrung der Armeninstitute, der Dienstaufsicht über sämtliches Personal, der Wirtschaftsführung, der Vorbereitung der jährlichen Rechnungsabhörung sowie der Konsultations- und Berichtspflicht gegenüber den Landgrafen bei größeren Problemen. Die Auswahlkriterien für das Amt bestanden neben dem gehobenen Sozialstatus vor allem in persönlicher Qualifikation in Organisations- und Verwaltungsfragen. Deshalb wurden die Obervorsteher zwar überwiegend aus der Schicht des niederen Adels, aber in zwei Fällen auch aus dem Bürgertum rekrutiert. Die bürgerlichen Obervorsteher, beide ausgewiesene Verwaltungs- und Finanzfachleute, wurden in Zeiten großer Wirtschaftsprobleme des Spitalwesens berufen. Weitere wichtige Kriterien zur Berufung waren die räumliche Nähe des Wohnsitzes zum Haupthospital Haina, denn erst im 18. Jahrhundert hatten die Obervorsteher Residenzpflicht, sowie die Möglichkeit zur Wahrnehmung zusätzlicher Aufgaben auf Landesebene. Viele Obervorsteher prägten über ihre formalen Dienstpflichten hinaus das Hospitalleben und setzten sich u. a. für eine verbesserte ärztliche Betreuung der Insassen ein.

Arnd Friedrich (Haina) ging anschließend auf eine zentrale Frage der Finanzwirtschaft des Hospitals Haina ein, nämlich ob "Geld auf Pension ausgetan" werden durfte. Mit Bezug auf Altes und Neues Testament hatte Martin Luther die Beachtung des kirchlichen Zinsverbots gefordert. Für ihn bedeutete der Kapitalverleih Wucher. Diese Ansicht vertritt auch die Darstellung der hessischen Hospitalstiftung auf dem so genannten "Philippsstein" in der Hainaer Kirche, welche das alte Mönchtum als Harpye kennzeichnet, an deren Fuß ein Geld- und Urkundenkasten angekettet ist. Dieser Kasten mit nur einem Schloss (statt dreier Schlösser beim "gemeinen Kasten") symbolisierte Geiz und Habsucht. Abweichend von Luthers Lehre profitierten die Hohen Hospitäler jedoch ungebrochen von den bereits zur Klosterzeit ausgeliehenen ebenso wie von neu ausgegebenen Kapitalien. In insgesamt 305 Orten bzw. Herrschaften wurden Kapitalien gegen einen Zins von in der Regel 5 Prozent verliehen. Unter den Schuldnern waren Städte wie Göttingen, Marburg, Frankfurt am Main und Halle an der Saale ebenso wie die Landgrafen selbst. Die Einnahmen dienten zwar einem sozialen Zweck, jedoch waren unter den Schuldnern auch zahlreiche Untertanen ohne Vermögen. Sie gerieten durch die geforderten Zinszahlungen in einen Kreislauf der Armut, der sie nicht selten selbst zu Hospitalinsassen werden ließ. Ein neuer Diskurs um das kanonische Zinsverbot ergab sich aus diesen Missverhältnissen jedoch nicht.

Als weiterer Referent der Sektion befasste sich Wolfgang Friedrich (Tübingen) mit den Rechtsgrundlagen kirchlicher Stiftungen in Hessen vor und nach der Reformation, und zwar in Bezug auf die Umwandlung des Zisterzienserklosters Haina in ein Armenhospital. Klöster und bruderschaftliche Hospitäler zählten in vermögensrechtlicher Hinsicht aufgrund ihres ekklesiastischen Charakters zum so genannten Kirchengut. Entzug und Missbrauch galten als Sakrileg. Die Kanonistik trug jedoch dem Umstand, dass das mittelalterliche Karitaswesen ohne die Beteiligung von Laien nur schwer denkbar war, durch zahlreiche Zugeständnisse Rechnung. Dennoch blieben die Hospitäler kirchenrechtliche Institutionen und galten auch am Ende des Mittelalters als Einrichtungen "piae causae". Die "Kommunalisierung" des Spitalwesens blieb ein administrativer Vorgang, der keine Säkularisierung zur Folge hatte. In Hessen hatte man 1527 mit der Auflösung der Klöster und der Einziehung des Kirchenguts begonnen. Nachdem die Reichsabschiede von 1529 und 1530 diese Vorgänge jedoch für rechtswidrig erklärt hatte, hing über den Protestanten das Damoklesschwert der Reichsacht. Die gelehrten protestantischen Juristen setzten sich in der Folgezeit intensiv mit den rechtlichen Grundlagen des Kirchenguts auseinander. Trotz der massiven Kritik Luthers gingen sie dabei von der Fortgeltung des kanonischen Rechts aufgrund kirchenrechtlicher Tradition aus. Man hielt daran fest, dass es sich bei den Stiftungen von Kirchen bzw. religiösen Orten um Zuwendungen an Gott handelte. Insofern war die Verwendung von Kirchengut zu weltlichen Zwecken unzulässig. Das Kirchengut dürfe daher, wenn überhaupt, nur zu anderen religiösen Zwecken verwendet werden. Martin Bucer (Pseudonym Konrad von Friedesleben) unternahm es für die Reformatoren in seiner 1540 publizierten Schrift "Von Kirchenguetern" die Umwidmung von Kirchengut rechtlich zu begründen. Seiner Meinung ging es bei den reformatorischen Maßnahmen gerade darum, das Kirchengut wieder seinem Stiftungszweck zuzuführen, nachdem die Geistlichen selber durch Missbrauch gegen das kanonische Recht verstoßen hatten. Es sei geradezu Recht und Pflicht der weltlichen Obrigkeit, die Missstände abzustellen. Landgraf Philipp von Hessen griff die Argumentation Bucers auf. Das hessische Vorgehen sei damit gerechtfertigt, dass man das Kirchengut als Schulen, Spitäler etc. ihrem eigentlichen Zweck zugeführt hätte. Der Augsburger Religionsfrieden erkannte diese Nutzung zur Alten- und Armenversorgung in Paragraph 19 schließlich an. Auf dem Hintergrund dieser rechtlichen Diskussion kann die hessische Hospitalstiftung nicht länger als Säkularisation bzw. Profanatio gelten, denn das Kirchengut diente in der Tradition des mittelalterlichen Spitalrechts als Kirchengut auch weiterhin "ad usus pios".

Im letzten Beitrag der Sektion zeichnete Hannelore Pepke-Durix (Dijon) die jahrhundertealten Weinbautraditionen des Hôtel-Dieu in Beaune nach. Das Hospital, das zu den schönsten Einrichtungen seiner Art gehört, wurde 1443-1451 erbaut. Trotz der Wirtschaftskrise des späten Mittelalters profitierte Beaune von Anfang an nicht nur von seinem umfangreichen Weinbergbesitz in unterschiedlichen Lagen zum Eigengebrauch, sondern auch vom Aufschwung des Weinhandels. Im 16. Jahrhundert kam es aufgrund der allgemeinen Klimaverschlechterung zwar zur Verminderung der Weinproduktion, dennoch behielt der Weinbau bis heute eine überragende Bedeutung. Das Spitalarchiv befindet sich noch im Hause und umfasst rund 2.600 Faszikel, die bereits dreimal inventarisiert wurden. Aus den Unterlagen lassen sich vielfältige Informationen zur Geschichte der Weinbauarbeiten (Lohnverhältnisse), des Weinausbaus in Fässern (sie waren im 16. Jahrhundert doppelt so groß wie heute) und des Weinhandels gewinnen. Eine umfassende historische Studie steht hierzu jedoch noch aus.

Sektion "Medizinische Versorgung"

Die Sektion "Medizinische Versorgung" wurde mit systematischen Überlegungen zur Geschichte des Krankheitsbegriffs durch Ortrun Riha (Leipzig) eingeleitet. Während "krank" nach mittelalterlichem und frühneuzeitlichem Verständnis die Grundbedeutung "schwach" besaß, von der sich die weiteren Bedeutungen "hinfällig", "kraftlos", "leidend" etc. ableiten lassen, wurde für unser heutiges Wort "krank" bis ins 14. Jahrhundert mittelhochdeutsch "siech" (lateinisch aegrotus, morbosus) verwendet. Ein "Siecher" ist dadurch gekennzeichnet, dass er sich nicht auf den Beinen halten kann, sondern im Bett liegen muss. Dagegen mangelt es "Kranken" an "Lebenskraft". "Krank" in diesem Sinne waren z. B. körperlich oder geistig Behinderte; ebenfalls galten Menschen, denen es an Kraft zu ethischer Bewährung fehlte (Kleinkriminelle, auffällige Außenseiter) als "Kranke", denen grundsätzlich ebenfalls ein Spitalplatz zustand. Damit galt ein ganzheitlicher Krankheitsbegriff, der an die umfassende WHO-Definition von Gesundheit als völliges körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden erinnert. "Kranke" Hospitalinsassen benötigten entsprechend in erster Linie menschliche Zuwendung, Mitleid und Barmherzigkeit, also tätige Karitas. Erst wenn sie noch zusätzlich erkrankten, wurde ein Arzt zugezogen. Dieser umfassende Krankheitsbegriff des Mittelalters und der Frühen Neuzeit macht die Bandbreite des Klientels in Spitälern, das von Obdachlosen und Pilgern über Findel- und Waisenkinder, chronisch Kranke und Behinderte bis hin zu akut kranken Dienstboten reichte, verständlich. Gemeinsam war ihnen die Mittellosigkeit. Die Einstufung als "krank" ging letztlich auf die Angaben der Patienten zurück, die Medizin lieferte nur Erklärungen für aktuelle Beschwerden, einerseits auf der Basis des humoralpathologischen Körpermodells und andererseits unter Zuhilfenahme von Mikrokosmos-Makrokosmos-Analogien. Eine spezielle Rolle spielte der Aussatz als soziale Krankheit. Die Lepra war als Krankheit so gefürchtet, dass man nicht einmal ihren Namen auszusprechen wagte. Stattdessen sprach man von "siech". Das auffallende "Anders-Sein" (Hautbefall, Verstümmelung) war Motiv der Ausgrenzung. Dazu trug auch das medizinische Verständnis der Lepra bei, denn im Rahmen der Humoralpathologie wurden den durch ein Übermaß an schwarzer Galle bestimmten Kranken Charakterveränderungen zugeschrieben, die in frühen Phasen von einer gesteigerten Libido zeugten, später jedoch dem negativen Bild des Melancholikers entsprachen (Antriebsarmut, Neid, Hinterhältigkeit). Diese medizinische Sicht verband sich mit der alttestamentlichen Vorstellung, der Aussatz gehe auf sündhaftes Fehlverhalten zurück. Näherte sich das Aussehen jedoch wieder der Norm an, galten die Kranken als "rein" und wurden erneut in die Gemeinschaft aufgenommen. Da man den Aussatz grundsätzlich für ansteckend hielt, vermutete man einen besonderen Ansteckungsstoff (contagium). Letztlich war es diese Idee, die im Weiteren eine wissenschaftlich-säkulare Begründung für die Isolation der Leprösen bot.

Irmtraut Sahmland (Gießen) stellte im Weiteren zwei Schriften von Stadtärzten zu den Missständen des Spitalwesens im 16. und frühen 17. Jahrhundert vor. Es handelt sich um Paracelsus (1493-1541), der über ein Jahr lang als Physicus in Basel arbeitete. Sein auf das Jahr 1529 datiertes "Spital=Buch" wurde 1562 im elsässischen Mühlhausen publiziert. Paracelsus, der die Welt als Spital verstand, wies den Armen und Bedürftigen einen zentralen Platz innerhalb der sozialen Gemeinschaft einer Stadt zu. Entsprechend musste das Spital seinen Status als Exklave verlieren. Das Innenleben des Spitals unterzog Paracelsus einer schonungslosen Kritik. Dabei bemängelte er die übertriebene Wertschätzung des Kanons der "Sex res non naturales", während es an chirurgischen Fertigkeiten mangele und verfehlte Medikationen vorgenommen würden. Ähnlich kritisch äußerte sich rund 80 Jahre später Hippolytus Guarinonius (1571-1654), Stadt- und Salinenphysikus im tirolischen Hall. 1610 erschien sein voluminöses Wer "Die Grewel der Verwüstung menschlichen Geschlechts", mit dem er aus ärztlicher Sicht seine umfassende Moral- und Sozialkritik zum Ausdruck brachte. Als Anwalt der Spitalinsassen deckte er u. a. auch die ganze "Spittal Abschewligkeit" schonungslos auf. Man begegne den Hilfesuchenden unfreundlich, bringe sie in stinkenden Stuben unter und übervorteile sie bei der Verpflegung. Wie bereits Paracelsus, der die heilsbringende Funktion der Armenfürsorge betont hatte, sah auch Guarinonius die Klientel des Spitals als Stellvertreter Christi, sodass an deren Unterstützung "die Seligkeit hangt". Ein Vergleich beider Schriften zeigt, dass es beiden Ärzten - dem Reformator des Medizinalwesens Paracelsus ebenso wie dem katholischen Traditionalisten Guarinonius - um die Abschaffung der als Unordnung verstandenen "Grewel" ging. Auf der Suche nach einer neuen Ordnung sollte sich allerdings Paracelsus, der Ältere, als der Fortschrittlichere erweisen, indem sein offenes Spital idealistisch-utopische Züge besaß, während es der jüngere Stadtarzt zu Hall bei einer "Reparatur" bewenden ließ.

Sektion "Patientengeschichte"

Die Sektion "Patientengeschichte" wurde durch einen Vortrag von Barbara Krug-Richter (Münster) zur Hospitalverpflegung / Ernährung im Magdalenenhospital in Münster eingeleitet. Dort wurden am gemeinsamen Tisch, der bis 1633 bestand, jeweils ca. 50 Personen verpflegt. Der Ernährungsstandard war durchweg relativ hoch. Die Hospitalrechnungen weisen beträchtliche Mengen an Rind- und Schweinefleisch auf, an 90 Tagen im Jahr gab es Fisch sowie täglich Gemüse und 2-3 Liter dünnes Hopfenbier, mehr als im Hospital Haina (1,7 Liter Bier pro Tag). Zur Krankenkost gehörten insbesondere auch Reis (gemahlen als Brei) und Geflügel. Die Reihenfolge von Fleisch- und Abstinenztagen (Käse und Eier) wechselte in Münster wie im Mittelalter, während in Haina zumindest die zahlenden Pensionäre durchgehend Fleisch erhielten. Für Münster wie für Haina (hierzu liegen bereits Studien von Edith Schlieper vor) galt, dass die relativ reichliche und insgesamt gute Hospitalverpflegung insbesondere für arme Leute das Hospitalleben attraktiv machte.

An zwei Fallbeispielen somatisch kranker Hainaer Hospitaliten zeigte Louise Gray (London) anschließend, wie sich Krankheitsbewältigung ("Coping with sickness") konkret vollziehen konnte. Ein 56-jähriger Mann, der an "starkem Fluss in Armen und Beinen" litt, musste seine Arbeit als Viehhirte aufgeben, schlug sich dann aber immerhin sechs Jahre lang als Bettler durch, bis er einen Antrag zur Aufnahme im Hospital stellte. Ein armer Pfarrer versuchte seinerseits seinen blinden Sohn durch Bittgebete zu Gott und Arzneien zu heilen. Er bat um Aufnahme des Sohnes in das Hospital, weil dessen Versorgung nach des Vaters Tod nicht gesichert war. Die Bittschriften an den Landesherrn standen demnach erst am Ende einer Reihe eigener Versuche, die Notlage zu bewältigen.

Iris Ritzmann (Zürich) widmete sich mit zeitlichem Schwerpunkt im 18. Jahrhundert der Lage von Kindern in Hospitälern. Ihre Forschungsergebnisse bestätigen die negativen Thesen von Philippe Aries und Edward Shorter zur angeblich elterlichen Gleichgültigkeit gegenüber Kindern keineswegs. Vielmehr war das Bemühen von Eltern, ihre Kinder in Hospitälern unterzubringen, in der ausweglosen Situation der Familie begründet. Die Situation von Kindern in Spitälern war äußerst vielfältig. In den hessischen Hohen Hospitälern Haina und Merxhausen waren immerhin 7 Prozent der Insassen Kinder, die dort in der Regel bis zum 12 Lebensjahr verwahrt wurden. Im Zürcher Spital wurden Kinder auch explizit zu Heilzwecken aufgenommen. Im St. Galler Spital dagegen war eine Kinderstube zur Erziehung von Kindern eingerichtet, während im Basler Bürgerspital mit "Kindenhaus" auch Neugeborene neben Findlingen und kranken Kindern lebten. Das Spektrum der Krankheiten und Behinderungen war breit. Eine große Rolle spielten die Pocken (Blattern) sowie die Epilepsie. Es ist nicht zu übersehen, dass sich das Personal der Spitäler um die kleinen Patienten bemühte, die durchaus auch "psychologisch" betreut oder zu weiblichen Kranken ins Bett gelegt wurden, um Zuwendung zu erhalten.

Sektion "Religion"

In einer weiteren Sektion befassten sich verschiedene Referenten mit dem Thema "Religion". Jakob A. van Belzen (Amsterdam) zeigte für die niederländische Psychiatriegeschichte, dass bei den frühen Stiftungen in s-Hertogenbosch (1442) und Utrecht (1461) religiöse Impulse keine besondere Rolle spielten. Es handelte sich unter anderem um Armenstiftungen. Eine explizit religiöse Ausrichtung psychiatrischer Versorgung findet sich erst im 19. Jahrhundert. Ein Verein orthodoxer Kalvinisten propagierte nun eine "christliche Pflege für Geistes- und Nervenkranke". Sie leiteten ihre Prinzipien unmittelbar aus der Bibel ab und publizierten zahlreiche christlich-psychiatrische Schriften. Tatsächlich stammten ihre Vorschläge, die insbesondere auf ein Leben Geisteskranker in kleineren Pavillons statt in großen Krankenhausgebäuden zielten, um damit die christliche Hausfamilie nachzuahmen, nicht aus der heiligen Schrift, sondern rekurrierten auf (profane) englische Vorbilder.

Um das Problem, spezifisch religiöse Bezüge herauszuarbeiten, drehte sich auch der Vortrag von Fritz Heinrich (Haina) über "Religiöse Wahnvorstellungen Hainaer Hospitaliten". Anhand einzelner Lebensgeschichten Hainaer Pfleglinge erörterte er das Problem, so genanntes "normales" religiöses Verhalten von krankhaftem religiösem Wahnsinn abzugrenzen, und zwar nach heutiger ebenso wie nach zeitgenössischer Einschätzung. Auffallend ist in jedem Fall, dass viele der an religiöser Melancholie erkrankten Hospitalinsassen in Haina und Merxhausen, gleichermaßen Frauen wie Männer, überdurchschnittlich gebildet waren und sich intensiv mit religiösen Fragen auseinandergesetzt hatten. Zugleich ist auffallend, dass diese Menschen weder von ihren Mitmenschen noch von der Obrigkeit als Besessene oder Hexen angeklagt und verfolgt wurden, vielmehr versuchten Pfarrer, Angehörige und Nachbarn ihre Leiden durch gutes Zusprechen und Pflege zu lindern, bis schließlich die Überführung in ein Hospital den letzten Ausweg darstellte.

Abschließend knüpfte Gury Schneider-Ludorff (Jena) nochmals an die Hospitalstiftung Landgraf Philipp des Großmütigen an, um deren "theologische Programmatik und Legitimation" darzustellen. Sie zeigte auf, dass die Hospitalstiftung, welche den Verlauf der Reformation in Hessen in besonderer Weise charakterisierte, eine spezifische theologische Fundierung besaß. Nur zehn Tage nach der Unterzeichnung der Stiftungsurkunden für Haina und Merxhausen (26. August 1533) erschien nämlich in Marburg die Schrift "Von dem Gemeinen nutze/ in massen sich ein jeder/ er sey Regent oder unterdan/ darin schicken sal/ den eiygen nutz hintan setzen/ und der Gemeyn wolfart suchen". Autor war der langjährige Berater des Landgrafen und Rektor der Universität, der Jurist Johannes Eisenmann, genannt Ferrarius (1485/86-1558). Die Schrift flankierte den Beginn der Hospitalstiftung nicht nur theologisch, sondern integrierte sie zugleich in ein Gesamtkonzept vom "Gemeinen Nutzen". Das Bildprogramm auf dem Hainaer Philippsstein lieferte wenige Jahre später zudem eine populäre Übersetzung der Eisenmannschen Gedanken. Ferrarius sah das Gemeinwesen (teilweise im Gegensatz zu Luther) und mit deutlichem Rekurs auf antike Staatstheorien als eine göttliche Stiftung, über das der Fürst wie ein Hirte zu wachen hatte. Ziel obrigkeitlichen Wirkens sollte dabei nicht die Ausgrenzung, sondern die Integration der Armen und Benachteiligten in das Gemeinwesen sein. In diesem Sinne galt Ferrarius die Hospitalstiftung als Ausdruck der Nächstenliebe und machte sie sogar zum Höhepunkt aller Reformmaßnahmen im Sinne des Gemeinen Nutzens.

Sektion "Kultur und Kunst"

Wegen verschiedener Erkrankungen reduzierte sich die Sektion "Kultur und Kunst" auf einen Beitrag. Klemens Dieckhöfer (Bonn) referierte über "Lope de Vega und die Casa de Orates in Valencia im Goldenen Zeitalter Spaniens". Er hob hervor, dass psychisch Kranke häufig im Zentrum von Schauspielen des 16. Jahrhunderts standen. Dabei wurde die Bühne als "Irrenhaus" literarisch genutzt. Nicht selten wurden in Valencia auch Dramen in einem Saal des dortigen Irrenhauses, dem "Hospital de Innocentes" aufgeführt. Daher war Lope de Vega (1562-1598) durchaus im Umgang mit Geisteskranken vertraut. Bei seiner Komödie "Die Irren von Valencia" (entstanden zwischen 1590 und 1595) handelte es um eine Verwechslungsgeschichte, bei der sich ein als Mörder verfolgter Mann zum Schein als Geisteskranker ausgab und in das "Hospital de Innocentes" aufgenommen wurde. In diesem Hospital wurden die Insassen, die Anstaltskleidung mit Narrenkäppchen trugen und streng nach Geschlechtern getrennt waren, durchaus reinlich versorgt. Unruhige waren allerdings in Zellen eingeschlossen und trugen Hand- und Fußschellen. Phrenitis, Katalepsie, Melancholie, Liebeskrankheit und Mondsucht werden als Krankheitsbilder von Lope de Vega genannt. Bei allen Krankheitsbeschreibungen ist deutlich, dass die Seele im Kopf verortet wurde.

Das Tagungsprogramm wurde von Führungen durch die Hainaer Kloster- bzw. Hospitalanlage, das Hainaer Psychiatriemuseum, einem Rundgang durch die Frankenberger Altstadt mit Besuch der Kapelle des ehemaligen St. Elisabethhospitals sowie einem Orgelkonzert mit "Musik im Kloster und Hospital" in der Frankenberger Liebfrauenkirche begleitet.

Diejenigen Vorträge, die wegen Erkrankung der Referenten ausfallen mussten, werden dennoch in den Tagungsband aufgenommen werden. Es handelt sich um die Referate von Gustav Reingrabner (Wien) über das Spitalwesen im heutigen Österreich, von Axel Murken (Aachen) über Krankenpflege und ihre Räume auf den Darstellungen der Heiligen Elisabeth im 16. und 17. Jahrhundert, von Wolfram Schmitt (Saarbrücken) über "Psychiatrische Hospitäler in der Literatur des Barockzeitalters" sowie um eine Analyse der frühen Geschichte psychiatrischer Einrichtungen von H. C. Erik Midelfort (Virginia). Zusätzlich vorgesehen sind Beiträge von Andreas Mettenleiter (Würzburg) über das Juliusspital und Alexandra Stanislaw-Kemenah (Dresden) über das sächsische Hospitalwesen.